Berliner Verkehrsseiten - Das Geschichtsmagazin zum Berliner Nahverkehr

Die museale Fahrzeugsammlung der BVG

Bisher gab es keine öffentliche Diskussion, wie mit der begonnen Fahrzeugsammlung weiter verfahren werden soll. Einige Lücken sind leider geschlagen, die sich auch nicht mehr schließen lassen. Trotzdem  ist die Sammlung noch immer sehr umfangreich, um damit eine museale Ausstellung aufzubauen.

Das derzeitige Depot in der Monumentenhalle erklärt dem Betrachter nicht ausreichend, um welche Fahrzeuge es sich handelt, wo sie zum Einsatz kamen. Zudem sind die Fahrzeuge zu dicht für eine Betrachtung aufgebaut. Zahlreiche Ausstellungsgegenstände wie bspw. die Sammlung von historischen Haltestellen liegt derzeit auf einen Haufen geworfen in der Monumentenhalle herum. Eine merkwürdige Art des Museums, mit historischen Material umzugehen.

Gefällt das dem Interessierten? Genügt Ihnen die Depot- Sammlung mit 4 Öffnungstagen im Jahr? Haben Sie die Depotsammlung schon besuchen können? 

Der einstige Initiator Wolfgang von Linstow wünschte sich einst ein Transportmuseum, alle Fahrzeuge der BVG-Geschichte unter einem Dach.

Die S-Bahn missachtete er nicht, nur war es aus der damaligen Sicht illusorisch, diesen Gedanken mit aufzunehmen. Aus den privaten Aufzeichnungen ist stets zu entnehmen, dass er sich auch mit diesem Verkehrsmittel intensiv befasste, sein Studium einst im RAW Schöneweide tätigte.

Ein Artikel aus der Berliner Morgenpost (1973) berichtet über die Fahrzeugsammlung.

 

Die damaligen Tage der offenen Tür in Britz, die monatlichen Besuchstage im historischen Straßenbahnbetriebshof Niederschönhausen beim DVN und auch die 4 Sonntage im September rund um die Depothallen des Deutschen Technikmuseums Berlin (DTMB) lockten stets viele Interessierte an die alten Fahrzeuge.

Hier ist das Anfassen der Fahrzeuge auch erlaubt; Geschichte zu Hören und zu Riechen ist durchaus möglich. Überzeugen Sie sich selbst.

Eine Museumssammlung sollte sich zum Ziel setzen, späteren Generationen die technische und gesellschaftliche Entwicklung aufzuzeigen. Die Fahrzeuge können über Stadtentwicklung erzählen, häufig sind sie auch sehr eng mit der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung verbunden. Museumsarbeit ist grundsätzlich Arbeit an der Geschichte unserer selbst. Die Bewahrung der Geschichte, die Vermittlung des Geschichtswissens dient zum Verständnis der Zukunft.

C-Wagen 1352 in der BVG-Wagenhalle Britz (Gradestrasse)

Die bis 1992 vorhandene Fahrzeugsammlung stellte einen wertvollen Einblick in die Berliner Verkehrsgeschichte, Technikgeschichte und Stadtbilgeschichte dar.

Mittlerweile ist die Zukunft der verbliebenen Sammlung beim Deutschen Technikmuseum noch unklar. Der Mietvertrag bezüglich der alten Triebwagenhallen, die derzeit als Lagerstätte für die Fahrzeugsammlung dient, läuft in absehbarer Zeit aus. Über die Zukunft der Sammlung möchte das Museum aktuell keine Aussage machen, jedoch dass dieser Sammlungsbestand stiefkindlich behandelt wird, kann man anhand der Geschäftspolitik der Museumsleitung (Investition großer Summen für den Ausbau des Museums für andere Sammlungsbestände)  deutlich erkennen. Abhilfe ist wohl nur durch die Schaffung eines separaten Berliner Verkehrsmuseums möglich, abgetrennt vom Deutschen Technikmuseum Berlin.

Es sei an dieser Stelle allen Helfern und guten Geistern von der ATB, dem DVN, dem DTMB, der Hisb und AG-U gedankt für ihren ehrenamtlichen Einsatz zum Bewahren der historischen Berliner Nahverkehrsgeschichte. Für die Vereine gibt es noch viel zu tun, Unterstützen Sie die Vereine. Es gibt noch unzählige Projekte zu verwirklichen.

Die Redaktion der Berliner Verkehrsseiten (BVS)

In der Zeitschrift  Berliner Verkehrsblätter (Ausgabe Juni 1993) erschien ein Artikel zur Auflösung der Britzer Fahrzeugsammlung. Der Aufsatz gibt die damalige Unschlüssigkeit zur Fahrzeugauswahl wieder, sowie die noch heute bestehende Kritik zur Verteilung der einst geschlossenen Sammlung.

Harald Tschirner:  BVG-Fahrzeugsammlung in Britz wird aufgelöst   ( BVB 6/93, Seite 124/125)

Die BVG hatte in der ehemaligen Straßenbahn-Werkstatthalle des heutigen Omnibus-Betriebshofes Britz seit 1968 eine beachtliche Sammlung von historischen Fahrzeugen aller ihrer Verkehrsmittel untergebracht. Sie konnte allerdings wegen der örtlichen Verhältnisse nur sehr selten der Öffentlichkeit präsentiert werden. Diese Sammlung hatte allerdings den Vorteil, mit der Auswahl der Fahrzeuge einen sehr guten und ziemlich umfassenden Überblick über die Geschichte zu geben. Da lediglich im - ebenfalls ungewöhnlich gut mit echten historischen Fahrzeugen bestückten - Bereich Omnibus noch Zugänge zu verzeichnen waren, war hier eine durchaus homogene und in sich geschlossene Sammlung entstanden, wie es sie nur wenige gibt.

Wünschenswert wäre es also gewesen, dieser Sammlung neue Räume zu verschaffen, in denen die Fahrzeuge als ständige Ausstellung zugänglich gewesen wären. Als positives Beispiel seien hier Frankfurt (Main), London, Wien, Brüssel und (im Aufbau) Prag zu nennen. Da nun auch wieder ein Straßenbahnnetz zur Verfügung steht, wäre allerdings zu überlegen gewesen, inwieweit Fahrzeuge aus Britz für Sonderfahrten eingesetzt werden könnten, bzw. wie in der Sammlung des Denkmalpflegevereins Nahverkehr Berlin hätten integriert werden können.

Da die Fahrzeuge noch 1993 aus der Halle in Britz herausgebracht werden müssen, ist von den Entscheidungsträgern BVG und Museum für Verkehr und Technik (MVT, heute DTMB, Anm. der Redaktion BVS) folgende, dreiteilige Lösung gefunden worden:

1. Ein großer Teil der Fahrzeuge wird zu einer im Bereich des Anhalter Güterbahnhofs hergerichteten Ausstellungshalle des MVT gebracht. Dort sollen sie ausstellungsgerecht aufgestellt werden. Da die Halle jedoch nicht direkt mit dem MVT verbunden ist, steht noch nicht fest, wie die Fahrzeuge dort der Öffentlichkeit dauerhaft zugänglich sein werden. Ein kleiner Teil dieser Fahrzeuge soll in einem Wagenkorso am 20. Juni 1993 (nicht am 19.6.1993 wie in BVB 5/93, S. 105 mitgeteilt wurde) durch das Brandenburger Tor zur Ausstellungshalle des MVT an der Monumentenstraße gebracht werden.

2. Drei Straßenbahnfahrzeuge (Tw 5984, Tw 6211, Bw 1525) sollen für Oldtimerfahrten hergerichtet werden. Das kann man durchaus akzeptieren, kommt damit doch endlich wieder ein Wagen des für Berlin so typischen T24 auf die Strecke.

3. Der Turmwagen F3 wurde an den Denkmalpflegeverein abgegeben und fünf Omnibusse (237/Präsident, 1126 und 1629/D2U, 1658/DF, 2626/SD) wurden an die Arbeitsgemeinschaft Traditionsbus verkauft. Da aber nicht alle Fahrzeuge vom Museum übernommen werden konnten, bot die BVG vier Straßenbahnwagen (Tw 7000, 7001; Bw 2000, 2001), sechs U-Bahnwagen (Tw 32, 118, 201, 382; Bw 298, 747) und eine Akku-Lok zum Verkauf gegen Gebot an.

 

Was bedeutet dies nun für die Sammlung? Bei der Straßenbahn sollen beide, als einzige nach 1945 von der BVG in Berlin -West, beschaffte Neubaufahrzeuge abgestoßen werden. Offensichtlich ist man der Meinung, sie hätten das Berliner Stadtbild nicht genügend geprägt, um als Museumsstücke fungieren zu können. Sie stellen jedoch eine bestimmte Entwicklungsstufe in der Berliner Straßenbahngeschichte dar und zumindest ein Zug sollte daher erhalten bleiben. Immerhin war bereits die Beschaffung von 40 Zügen dieses Typs vorgesehen, die jedoch zugunsten von Bussen nicht erfolgte. Diese Großraumwagen befinden sich heute im Zustand, wie sie 1967 aus dem Betrieb kamen und sie haben nur wenig Umbauten über sich ergehen lassen müssen. So stellen sie sich in der Urform der Großraumwagen mit Schaffnersitz hinten und Fahrgastfluß dar.

In der U-Bahn-Fahrzeugsammlung sollen beim MVT nur noch folgende Fahrzeuge zu sehen sein:

Kleinprofil-A1-Bw 559, Baujahr 1908, Falkenried, Holzaufbau

Großprofil-B1-Tw 35, Baujahr 1924, MAN, Tunneleule

Großprofil-B1-Bw 233, Baujahr 1925/26, Busch

Großprofil-C-Tw 1352, Baujahr 1929/30, 1957 ex C2 603

Dies kann man nun wohl nicht mehr als repräsentativen Querschnitt bezeichnen! Zwar sind von allen anderen U-Bahn-Typen noch Fahrzeuge erhalten: Sie befinden sich an verschiedenen Stellen betriebsfähig und -unfähig im U-Bahnnetz. Dort sind sie jedoch im Allgemeinen nicht zugänglich und auch Sonderfahrten finden nur selten statt.

Sollten die oben genannten Fahrzeuge wirklich verkauft werden, so ist nicht nur zu beklagen, dass die bisherige, beispielhafte Sammlung zerrissen wird und die Bemühungen um den Erhalt der historischen Stücke in den letzten Jahrzehnten damit umsonst waren. Da als Käufer, insbesondere der U-Bahnwagen , mit ziemlicher Sicherheit Verkehrsfreunde und Museen nicht auftreten werden, ist zu befürchten, daß die Wagen beispielsweise an Spielplätze, Imbißbuden-Besitzer oder Lagerplätze abgegeben werden. Welches Schicksal solche “Ausstellungsstücke” bald erleiden, kann überall im Land besichtigt werden. Wie lange wird wohl ein U-Bahn-Holzwagen des Baujahres 1913 in freier Natur überleben? Sollten die Fahrzeuge jedoch nicht verkauft werden können, droht ihnen unweigerlich die Verschrottung.

Alles in allem kann die gefundene Lösung nur als Skandal empfunden werden, der einer Hauptstadt nicht würdig ist. Die Art und Weise, wie hier mit wertvollen Zeitzeugen, die jahrelang gepflegt wurden, umgegangen werden soll, ist haarsträubend. Nicht zu entschuldigen sind ein unqualifizierter Verkauf oder gar die Verschrottung historisch wertvoller Fahrzeuge. Bei den verbleibenden Nahverkehrsfahrzeugen stellt sich Frage, ob sie wirklich in einer ehemaligen Eisenbahnhalle, fernab ihres früheren Wirkungsbereiches, aufgestellt werden müssen? Hier hätte sich die moderne und geräumige Halle des ehemaligen Straßenbahnhofs Charlottenburg, Königin-Elisabeth-Straße, der heute nur als Lagerplatz benutzt wird, angeboten. Unter der Obhut des MVT hätte hier eine Nahverkehrssammlung der Öffentlichkeit präsentiert werden können, die Vergleiche mit den genannten Beispielstädten nicht scheuen bräuchte. Ein Austausch von Fahrzeugen mit dem Straßenbahnnetz wäre hier wesentlich einfacher abzuwickeln gewesen.

Um Missverständnissen vorzubeugen, sei ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die im Ostteil Berlins befindlichen Fahrzeuge des Denkmalpflegevereins, die unter der Rechtsträgerschaft des Märkischen Museums stehen, hiervon nicht betroffen sind.

Letzte Meldung: Aufgrund vieler Proteste soll ein Großraum-Straßenbahnzug erhalten bleiben (lt. Tagesspiegel 9.5.93).

Dieser Artikel wurde mit freundlicher Genehmigung des Autors hier veröffentlicht. 3/2005

Museumslok 1200 in der Britzer Wagenhalle, dem damaligen Standort der BVG-eigenen Firmensammlung.  Die Lok wurde verschrottet

Museumslok 1200 ist nach der Auflösung des Museumsstandortes Britz verschrottet worden

Eine kurze Videovorstellung der Museumssammlung Britz (1989) ist hier abrufbar

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